Schüler am (Neutronen-)Puls der Forschung
2. Juni 2016, 8:16 Uhr: Die letzten vier Schüler des 4stündigen Physik schaffen es in wirklich letzter Minute per Sprint in den Zug zur Neutronenforschungsquelle nach München. Noch in Memmingen wird das Kinderabteil besetzt, nach solcher Aufregung tut Geborgenheit gut.
Am Forschungsreaktor in München angekommen werden wir von einer freundlichen Dame des Besucherdiensts begrüßt. Nach Ausweis- und Sicherheitskontrolle geht es dann in zwei Gruppen auf Besichtigung. Die größere Gruppe wird von einem Doktoranden und einem Masterstudenten zuerst zum Reaktorkern geführt. Die kleinere Gruppe, von einer Bachelorphysikerin betreut, beginnt in der Neutronenhalle.
Der Doktorand erklärt in der großen Gruppe zuerst die Funktionsweise und die Sicherheitseinrichtungen. Schließlich muss gerade letztere besonders hoch sein, damit ein Reaktor in der Nähe einer Millionenstadt überhaupt genehmigt wird. Fazit: Selbst wenn die vielfach gesicherten elektrischen Sicherheitssysteme ausfallen reicht alleine die physikalische Konvektion des Wassers im Innenbecken um das Brennelement ausreichend zu kühlen.
Anschließend wird geklärt, wie die Neutronen mit Hilfe von unterschiedlichen Moderatoren freigesetzt werden und auch ob sie warm (d.h. in der Physik energiereich bzw. kurzwellig) oder kalt sind. Diese Eigenschaften sind für die physikalischen Experimente in der Experimentier- und Leiterhalle entscheidend. Genau diese werden im Anschluss besichtigt. Unsere beiden Physiker versuchen die Experimente bestmöglich zu erklären, aber den Schülern rauchen nach kürzester Zeit die Köpfe:
Spektro- und Diffraktometer, Untersuchungen von Motoren im Betrieb, z.B. ob die Schmierung gut erfolgt, regelmäßige Dotierung von Silizium als Halbleiterelemente für Starkstromgleichrichter im ICE, zukünfitge ultrakalte Neutronen zur Bestimmung der Halbwertszeit, Herstellung von Spallationsprodukten für die Strahlungsmedizin ... Kein Wunder dass sowohl den Schülern wie auch dem Lehrer nach fast dreit Stunden Führung der Kopf brummt und jeder froh ist, dass die Nebelkammer zum Nachweis von Elementarteilchen am Ausgang wieder erreicht wird.
Das Abschlussfoto im Foyer zeigt alle Schüler und die drei Studenten um ein Kernelement aufgestellt, natürlich nur eine leere Aluminiumhülle. Interessant ist aber derjenige, der gerade nicht vom Foto gezeigt wird: Der Fotograf war kein geringerer als der wissenschaftliche Leiter des Forschungsreaktors Prof. Dr. Winfried Petry, der zuvor selbst eine Führung in der Einrichtung durchführte und sich spontan die Zeit nahm den vielversprechenden Nachwuchs zu fotografieren. Vielen Dank! Vielleicht hat sich ja die Eine oder der Andere vom Physikvirus infizieren lassen und Appetit auf ein Physikstudium geholt.
Alexander Notz