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Richter - Ein Beruf nicht nur für genaue Planer

In diesem Schuljahr durften wir Schüler der KS I entscheiden, ob wir unser zweiwöchiges
Praktikum, wie gewohnt in einer sozialen Einrichtung antreten oder ein BoGy machen. Da ich bereits eine Berufsvorstellung habe, habe ich mich dazu entschieden, die Möglichkeit des BoGys wahrzunehmen, um somit herauszufinden, ob ich mir diesen Beruf auch in der Zukunft vorstellen könnte. Mir war bereits im Vorfeld klar, dass ich mich für den juristischen Bereich, insbesondere für den Beruf der Richter und Staatsanwälte interessiere. Schließlich habe ich mich dazu entschieden, mich am Amtsgericht Ravensburg bei einem Richter zu bewerben.

Erwartungen und Verlauf des Praktikums

Am Sonntag und insbesondere am Montag morgen war ich sehr aufgeregt. Ich war noch nie in einem Gerichtsgebäude und konnte mir deshalb auch nicht vorstellen, was mich erwartet und was meine Aufgaben sein werden. Dennoch habe ich gehofft, dass ich mit in Verhandlungen darf, den Beruf des Richters näher kennenlerne und vielleicht auch einen Einblick in die vielfältigen juristischen Berufe bekomme.

Mein erster Tag begann um 07:30 Uhr. Im Amtsgericht wurde ich zunächst von Wachmeistern
empfangen, die mir anschließend zeigten in welches Büro ich muss. Dort wurde ich dann von einem Richter begrüßt, mit ihm hatte ich bereits bei meiner Bewerbung telefoniert. Er erklärte mir erstmals ein paar grundliegende Dinge über das Amtsgericht und dessen Aufgaben. Außerdem wurde ich über eine Schweigepflicht aufgeklärt. Selbst als Praktikantin muss ich den Beamten gegenüber vergewissern, dass ich keine Namen und Details von Verhandlungen weitergebe und somit die Privatsphäre der Angeklagten als auch die der Kläger schütze. Nachdem ich die Verschwiegenheitserklärung unterschrieben hatte, erhielt ich einen Arbeitsplan. Dieser war für mich fertiggestellt worden, damit ich stets Bescheid weiß, an welchem Tag, bei welchem Richter und in welcher Abteilung ich sein musste. Damit ich auch wirklich einen breiten Einblick in den Beruf des Richters bekommen konnte, wurde ich jeden Tag einem anderen Richter zugeteilt. Diese Richter deckten den Bereich des Strafrechts, Familienrechts, Zivilrechts, Jugendrechts und den der Ordnungswidrigkeiten.

Im Verlauf der ersten Woche wurde mir auch das Amtsgericht gezeigt. Ich durfte die vielen Sitzungssäle, die Büros der Richter und die Zelle des Gerichtes sehen. Jeden Morgen musste ich zwischen 08:00 und 09:00 Uhr dort sein. Zunächst habe ich mich mit dem jeweiligen Richter unterhalten, dieser hat mir dann den Sachverhalt der Verhandlungen geschildert, welche an diesem Tag anstehen. Meistens durfte ich mir dann auch noch die Akten durchlesen und mir einen Überblick verschaffen. Je nach Bereich fanden pro Tag zwischen zwei und fünf Verhandlungen statt. Im Sitzungsaal selbst durfte ich natürlich nicht viel machen. Je nach Art der Verhandlung durfte ich im Publikum oder auch neben dem Richter sitzen und zuhören. Da wirklich in jeder Verhandlung ein unterschiedlicher Sachverhalt zugrunde liegt, wurde es nie langweilig und ich konnte der Verhandlung mit großem Interesse folgen. Nach den Verhandlungen hatte ich meistens noch Zeit mit den Richtern zu sprechen und Fragen zu stellen.

Fähigkeiten und Ansprüche (PSI-Theorie in Klasse 8)

Bereits in der 8. Klasse haben wir herausgefunden, welchen der vier Typen wir am besten
bedienen können. Hierbei wird zwischen dem Entspannten, dem Spontanen, dem Planer und dem
Genauen unterschieden. Mittlerweile denke ich, dass zu mir der Planer und der Genaue am besten passt. Am liebsten ist es mir, wenn ich alles im Vorfeld planen und organisieren kann. Außerdem bin ich sehr Detail orientiert. Das kann sich auf das Lernen, auf das Leben oder auch auf allgemeine Situationen beziehen.

Für den Beruf des Richters denke ich, dass es sehr wichtig ist genau zu arbeiten. Darüber hinaus
kann ich mir vorstellen, dass es wichtig ist, die Ruhe zu bewahren und nicht direkt in Panik zu
geraten, wenn etwas anderes als geplant läuft. Denn als Richter ist man die Person, die mit seiner
Entscheidung das Leben anderer Menschen langfristig verändern kann und somit eine sehr große
Verantwortung trägt. Damit wird aktiv gezeigt, dass „der Entspannte“ auch eine zentrale Rolle spielt.

Beruf und dazu notwendiger Ausbildungsgang

Während meines Praktikums habe ich nur den Beruf der Richter kennengelernt. Nennenswert sind aber auch die Tätigkeiten der Anwälte, der Staatsanwälte und Polizisten. Diese waren außerhalb, mussten aber für ihre Verhandlungen ins Amtsgericht kommen. Somit habe ich auch einen kleinen Einblick in deren Berufe bekommen. Der Alltag eines Richters besteht hauptsächlich daraus Akten durchzulesen, sie zu bearbeiten, sich auf anstehende Verhandlungen vorzubereiten und anschließend ein Urteil zu fällen. Als Richter übernimmt man sehr viel Verantwortung und sollte deshalb auch geduldig sein und ein gutes Durchsetzungs- als auch Durchhaltevermögen haben.

Zu den Voraussetzungen zählen nicht nur diese Eigenschaften, sondern natürlich auch ein Studium. Um Richter zu werden, muss man ein Jurastudium absolvieren. Dieses Studium hat eine Regelstudienzeit von 9 Semestern und umfasst anfangs die Pflichtfächer: Strafrecht, Zivilrecht und öffentliches Recht. Im Verlauf des Studiums wählt man dann einen Schwerpunkt. Nach einem 3-monatigen Pflichtpraktikum endet das Studium mit dem ersten Staatsexamen. Anschließend wird ein zwei-Jähriges Rechtsreferendariat vorausgesetzt. Wenn man das dieses zu Ende gebracht hat, muss man das zweite und somit auch letzte Staatsexamen bestehen. Danach kann man sich am jeweiligen Oberlandesgericht bewerben und zunächst als Richter auf Probe arbeiten. Jedoch ist es hier wichtig eines der beiden Staatsexamen mit einer guten Note beendet zu haben, da es ansonsten sehr schwer ist einen Platz als Richter zu bekommen.

Persönliche Schlussbetrachtung

Abschließend kann ich sagen, dass mir das Praktikum sehr gut gefallen hat. In den zwei Wochen konnte ich einen Einblick in viele verschiedene Abteilungen gewinnen. Da alle Verhandlungen total unterschiedlich ausfallen, war es immer interessant. Es war eine sehr tolle Erfahrung und ich würde es jedem weiterempfehlen, der sich für den juristischen Bereich interessiert.

Merve Türkmen

Quelle: Merve Türkmen