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Erdkundekurs mit Stadtführer Peter Koerver in Bad Wurzach unterwegs: Historischer Stadtrundgang ergänzt und bereichert den Unterricht

Der Erdkunde-Kurs ek02 der Kursstufe I von Herrn Schmidt kam am vergangenen Dienstag in den Genuss eines historischen Standrundganges mit dem Fachkollegen und Stadtführer P. Koerver. Der 80-minütige Stadtrundgang eröffnete den Teilnehmern einen neuen Blick auf das heutige Bad Wurzach, aber vor allem auf die zum Teil noch gut zu erkennenden Strukturen der historischen Stadt.
Start- und Zielpunkt war das von 1721-1727 erbaute Schloss. Über die Schlossstraße ging es zur Stadtpfarrkirche St. Verena, die, wie man erfuhr, früher außerhalb der Stadtmauer gele-gen sei. Von den Treppen blickten die Schüler auf das ehemalige Zunfthaus der Weber und erfuhren so einiges über die im Mittelalter existierenden verschiedenen Zünfte und Handwerksberufe in der Stadt. Auch habe das erst im Jahre 1940 in einer „Nacht- und Nebelaktion“ vom damaligen Regime abgerissene sogenannte „Untere Tor“ in Blickrichtung nach Westen hinter der Ach und heutigen Luxeuil-Brücke gestanden. Es sei damit Teil der ehemaligen östlichen Stadtmauer gewesen. Bad Wurzach habe sich nämlich an einem strategisch günstig gelegenen Handelsweg zwischen Memmingen und Weingarten befunden und daher auch Stadt- und Marktrechte erhalten.
Wenige Meter dieser Reste der Stadtmauer konnten die Schüler dann beim Weg zurück über die Ach sehen und auch anfassen. Innerhalb der Stadtmauer seien dann damals im Zuge der Stadterweiterung Wohnhäuser direkt an die stabile, mit allerlei verschiedenen Gletschergesteinen gespickte Mauer, gebaut worden. Herr Koerver wies hier am Ufer der Ach auf die damals große Bedeutung eines fließenden Gewässers und die damit verbundenen Nutzungsmöglichkeiten für die verschiedenen Handwerksberufe wie Gerber, Färber, Metzger u.a. sowie für die Waschfrauen hin.
Die Viertel Im Winkel und Viehmarkt sowie das Mühltorviertel waren weitere Stationen auf dem gemeinsamen Rundgang. So würden im Winkel variierende Dachformen von verschiedenen historischen Bauphasen der Gebäude zeugen. Diese seien heute aber zum großen Teil durch Neunutzungen überformt. Überhaupt sei es ein Problem in der Innenstadt, dass historische Bausubstanz zwar weiterveräußert, aber leider keine ansprechende Erneuerung erfahre und keiner angemessenen Nutzung zugeführt werde. Am Viehmarkt sei das noch stehende Fachwerkhaus das ehemalige Diensthaus des Büttels (Gerichtsdiener) gewesen, der in Personalunion zugleich auch der Markttaufseher gewesen sei. Der Blick auf den Parkplatz beim Amtshaus wäre früher der Blick auf die Allmende, die Gemeinschaftsviehweide gewesen.
Den Verlust eines weiteren Stadttores konnten die Schüler an der Seite des Amtshauses wahrnehmen, an dem das ehemalige „Mühltor“ 1865 im Zuge des Mühltorviertel-Brandes vier Jahre später abgerissen worden sei. Ein Wandbild auf dem gegenüberliegenden Gebäude zeige die damalige historische Ansicht und zugleich den Hl. Nikolaus als Schutzpatron der Bäcker. Abgebrannt seien damals auch das Gefängnis und das Feuerwehrhaus.
Den leicht geschwungenen Straßenverläufen und damit dem Verlauf der ehemaligen Stadtmauer folgend, kam die Gruppe zum Standort des 1778 abgerissenen „Oberen Tores“ („Frauen-Tor“). Dieses stand ehemals an der Verbindung zwischen der Breite und der Kreuzung Herren- bzw. Schlossstraße. Dieser aus heutiger Sicht weitere Verlust für die historische Architektur der Stadt sei 1965 noch einmal „getoppt“ worden: Und zwar durch den Abriss der beiden Eingangssäulen, die sich an der Herrenstraße von Norden her kommend beim heutigen Postplatz bzw. Wachhäuschen befunden hätten. Einher sei dies mit dem Verlust der dazugehörigen Figuren der St. Verena (Stadtpatronin) und des Heiligen Nepomuk (Brückenheiliger) gegangen. Immerhin hätten dann 20 Jahre später Maria und Joseph angefangen, die in die Herrenstraße einbiegenden PKW und Radfahrer freundlich zu begrüßen…
Beendet wurde der Stadtgang, das Spital passierend – bis 1964 Wurzacher Krankenhaus mit eigener Geburtsstation–, mit dem genauen Betrachten der am heutigen Rathaus oben angebrachten und von links nach rechts zu lesenden Bilderzeile. Hier seien wichtige Etappen der Stadtgeschichte angefangen von der Gründung im Jahre 1273 bis zur Verleihung des Titels „Bad“ im Jahre 1950 sowie deren Attribute angebracht.
Die sehr fachkundige und unterhaltsame Führung öffnete allen Teilnehmern auf kurzweilige Art die Augen für die noch erkennbare historische Prägung ihres Schulstandortes: Deutlich wurde aber auch, inwiefern Neuzeit und Moderne einen starken und z.T. auch negativen Einfluss auf die heute vorzufindende Architektur einer Stadt ausüben können.

Thorsten Schmidt