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Die Pandemie als Signal zur Umkehr

 

Zum Vortrag von Prof. Dr. Josef Settele im Rahmen des Biologischen Kolloquiums 2022 am Salvatorkolleg


„Es muss in beiden Richtungen gleichzeitig geschehen – bottom up and top down!“ Mit dieser Antwort auf eine Frage aus dem Publikum fasste Prof. Dr. Josef Settele zusammen, wie eine mögliche Umkehr und Abmilderung der drohenden dreifachen Krise aus Artenstreben, Klimawandel und Pandemie umgesetzt werden muss.

Die Verwendung englischer Terminologie verrät den international tätigen Experten, die Rede von der dreifachen Krise verweist auf sein neuestes Buch („Die Triple Krise“, Hamburg 2020): Am vergangenen Samstag, den 19.März war der renommierte Biologe Josef Settele zu Gast am Gymnasium Salvatorkolleg. Der 60-Jährige arbeitet am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle (Saale), ist darüber hinaus Privatdozent an der Universität Wittenberg und – für den Vortrag im Rahmen des „Biologischen Kolloquiums“ entscheidend – Co-Vorsitzender des Global Assessments im Weltbiodiversitätsrat (IPBES). Nach der Begrüßung durch Schulleiter Klaus Amann und einer kurzen Einführung von Dr. Siegfried Roth vom Naturschutzzentrum Wurzacher Ried begann der Vortrag:

Ausgehend von zwei umfangreichen Berichten des IPBES präsentierte Josef Settele in seinem gut besuchten Vortrag interessante und wichtige Zusammenhänge aus dem Themenbereichen Artenschutz und Biologische Vielfalt. Zum einen erläuterte er anhand des Bestäubungsberichtes den ökologischen, aber auch den ökonomischen Wert bestäubender Spezies, insbesondere Insekten. Er wies auf die Notwendigkeiten wie auch die Möglichkeiten des Artenschutzes hin – dass etwa bei vollständigem Verzicht auf Pestizideinsatz weiterhin 70% des zuvor erzielten landwirtschaftlichen Ertrages möglich seien.

Zum anderen zeigte Settele am Beispiel des IPBES-Berichtes zur biologischen Vielfalt, dass momentan mehr Pflanzen- und Tierarten als jemals zuvor in der menschlichen Geschichte vom Aussterben bedroht sind. Er referierte über den faktischen Verlust, den ein großes Artensterben für die Menschheit darstellt und wies auf die Rolle der Subventionen hin, die in der Regel zur Folge haben, dass Gewinne privatisiert und Kosten – darunter auch negative Folgen für Arten und Ökosysteme – sozialisiert werden. Flächenverbrauch und Fragmentierung, zwei der bedeutendsten Auslöser des Artenrückgangs, sind auch unmittelbar verantwortlich für ein weiteres massives Problem der Menschheit, das sich künftig zu verschärfen droht: Pandemien, die – wie Covid19 – durch Zoonose auf den Menschen übergehen.

Nach dem offiziellen Teil des Vortrages ging Josef Settele zur Kür über und zeigte Bilder, die hinter den Kulissen der IPBES-Beratungen entstanden sind. Im Rahmen dieses „Making of“ (so der Titel) berichtete der Biologe Witziges, Haarsträubendes und Menschliches, das sich in der Gremienarbeit zugetragen hat, aus erster Hand.

In einer abschließenden, von Dr. Siegfried Roth moderierten, Diskussionsrunde beantwortete Josef Settele Fragen aus dem Publikum, die sich zum einen mit der Arbeit des IPBES, zum anderen vor allem mit Möglichkeiten des Gegensteuerns bei der aktuellen Ökologischen Krise beschäftigten. Die Quintessenz der Antworten Setteles bietet der einleitende Satz dieses Artikels: Jeder und jede einzelne kann etwas tun. Und viele Menschen, die jeweils einen kleinen Beitrag leisten, setzen mit der Zeit auch die Politik unter Handlungsdruck.

Zum Ende dieses Artikels sei erwähnt, dass das Biologische Kolloquium, eine traditionelle Veranstaltung am Gymnasium Salvatorkolleg nach zwei Jahren Pause wieder stattfinden konnte. Prof. Dr. Josef Settele war bereits für den Termin im April 2020 vorgesehen, der dann aber kurzfristig abgesagt werden musste.

Markus Benzinger

>> zum Artikel in der Schwäbischen Zeitung

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