Nicht der Wind, sondern das Segel bestimmt die Richtung:
Zur Verleihung der Abiturzeugnisse 2020
Ein komplett aufgebautes Surfbrett mit Segel im Altarraum war das erste, was die Abiturientinnen und Abiturienten sowie deren Eltern zu sehen bekamen, als sie die Kirche St. Verena betraten. Am Freitag, den 24. Juli sowie am darauffolgenden Samstag, den 25. Juli fanden heuer die Abiturgottesdienste und jeweils im Anschluss die Verleihungen der Abiturzeugnisse und Preise statt – jeweils drei Mal. Geschuldet war diese Aufteilung des Abiturjahrganges und die damit einhergehende Verdreifachung der Feierstunden den aktuell geltenden Abstandsgeboten. Um den Absolventinnen und Absolventen des Salvatorkollegs gleichwohl ein Höchstmaß an Normalität zu ermöglichen, fanden Gottesdienst und Feierstunde in der Turnhalle aber, im Unterschied zu manch anderer Schule, tatsächlich statt.
Am Beginn stand zu allen drei Terminen der von Schulseelsorger P. Mariusz Kowalski und der evangelischen Pfarrerin Barbara Vollmer gemeinsam geleitete Gottesdienst, in dessen Mittelpunkt – auch optisch – das schon erwähnte Surfbrett stand. Wie P. Mariusz in seiner Predigt zum Evangelium Mt 14, 22-33 (Der Gang Jesu auf dem Wasser) ausführte, ist es nicht der Wind, der die Richtung bestimmt, sondern das Segel. Die Botschaft an die ehemaligen Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums ist klar: Von nun an nehmen sie in ihrem Leben das Segel selbst in die Hand, lernen zu entscheiden und für sich und andere Verantwortung zu übernehmen.
In engem Zusammenhang hierzu stand die Rede des Schulleiters P. Friedrich Emde, der 2020 seinen letzten Abiturjahrgang am Salvatorkolleg verabschiedete. Vor dem Hintergrund des Coronavirus, das leidige Wort sei hier zum ersten und einzigen Mal in diesem Artikel erwähnt, spekulierte der Schulleiter darüber, ob der Erreger bereits eine ganze Generation präge und definiere – nach der Generation X, Y und Z der neueren Zeit und der Risiko- sowie der Spaßgesellschaft der 1980er- bzw. 1990er-Jahre. Einen der namhaftesten Apologeten und Kritiker der Spaßgesellschaft, den viel zu früh verstorbenen David Foster Wallace, nahm P. Friedrich zum Gewährsmann, um den Abiturientinnen und Abiturienten den Wert des freien und eigenständigen Denkens und Entscheidens zu vermitteln.
Im Namen der Elternschaft verabschiedeten Andrea Ott (Freitag) bzw. Helmut Zell (Samstag) die Absolventinnen und Absolventen. Im Mittelpunkt stand in dieser Rede zweierlei. Zum einen der Liedtext von Mark Forster: „Heute, morgen und übermorgen/ Guck, wie weit Ihr‘s schon geschafft habt/ Doch ich glaub‘, ist nur der Anfang“, der die aktuelle Situation der jungen Erwachsenen, die nun die Schule verlassen, gut auf den Punkt bringt. Zum anderen boten die Eltern einen kleinen, aber witzigen Ersatz für die große Feier an, die tatsächlich entfallen musste: Statt eines pompösen Abi-Balls gab es immerhin Abi-Bälle: gelb, aus Schaumstoff.
Während die Ansprachen von Schulleiter und Eltern bei allem drei Terminen dieselben waren, gab es zu jeder Zeugnisverleihung eine je eigene Rede von Schülerseite: Freitag abends von Alexa Gragnato, Samstag nachmittags von David Kling und schließlich am Samstagabend von Lukas Bettrich. Bei aller Verschiedenheit der drei Referierenden und ihrer jeweiligen Redeinhalte kamen doch etliche, teils erstaunliche, Gemeinsamkeiten ans Licht: Alle blickten wohlwollend, teils auch wehmütig auf die Zeit am Kolleg zurück, verwiesen darauf, wie schnell die acht Jahre vergingen, gemessen von dem Zeitpunkt, als sie, angehende Fünftklässler, in derselben Turnhalle den ersten Kontakt zur Schule gehabt hatten, in welcher sie nun ihre Abiturzeugnisse bekamen. Eine weitere frappierende Gemeinsamkeit war die Erwähnung des Mathematikunterrichts in der Kursstufe, unabhängig vom jeweiligen Kenntnisstand und der Mathematik-Sympathien der Referierenden. Und schließlich: Alle drei Repräsentanten der Schülerschaft dankten einmütig dem scheidenden Schulleiter P. Friedrich für alles, was er für Schule und Schüler in den vergangenen Jahren getan hatte und wünschten ihm alles Gute auf seinem weiteren Lebensweg – eine erstaunliche Spiegelung ihrer eigenen Situation!
Nicht vernachlässigt werden sollte die Tatsache, dass am Freitag und Samstag Abiturzeugnisse verliehen wurden. Unter den mehr als 90 Abiturientinnen und Abiturienten erreichten fünf den magischen Notenschnitt von 1,0: Jana Albrecht, Simon Hammer, Katja Jaufmann, David Kling und Georg Schönit. Und eine weitere magische Zahl fand am Samstag Erwähnung: Mit Fabian Keck bekam der dreitausendste Schüler des Salvatorkollegs sein Abiturzeugnis.
An dieser Stelle sei noch einmal allen Abiturientinnen und Abiturienten des Jahrgangs 2020 alles Gute für ihre Zukunft gewünscht. Mast- und Schotbruch und allzeit eine Handbreit Wasser unter dem Kiel!
Markus Benzinger
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