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S. Ewald - OWB Kißlegg

"Das sind Menschen; mit denen kann man sprechen."

Interview von Simone Ewald mit Josef Mayer, Leiter einer Montage-Gruppe bei der OWB

S. Ewald: Also als erstes wollte ich mal fragen was Du für eine Ausbildung hast.

Ich war mal früher Zimmermann in meinem ersten Beruf, habe dann krankheitshalber umschulen müssen und habe dann jetzt den Arbeitsplatz hier.

S. Ewald: Okay. Und wie bist Du darauf gekommen diese Ausbildung zu machen?

Wie ich darauf gekommen bin... . Ich habe ja gerade eben erzählt dass ich auf dem Arbeitsamt war, da habe ich dann immer vorstellen müssen, was ich machen wollte und mit dem waren die nicht einverstanden. Dann war ich in Ravensburg bei so einem Fest und da hat mich einer vom Arbeitsamt gefragt, ob ich denn schon mal bei einer Behindertenwerkstatt war, das habe ich verneint und dann haben sie mich hierher geschickt, nach Kißlegg zum hospitieren. Nach dem Tag habe ich gesagt: “Ja, das kann ich mir vorstellen”, und habe dann eine Ausbildung in Wilhelmsdorf gemacht, das ist eine dreijährige Ausbildung gewesen.

S. Ewald: Macht Dir die Arbeit hier Spaß?

Ja, doch. Macht mir eigentlich sehr viel Spaß, der erste Tag, also da, wo ich hospitiert habe, habe ich mich erst mal erschrocken, weil so viele Leute auf einen zugekommen sind, die waren eigentlich richtig offen und haben dann gefragt, wo ich herkomme, was ich mache... . Aber wie gesagt das hat sich dann alles bald gelegt und ich bin eigentlich sehr gerne hier und es macht mir auch sehr viel Spaß mit den Leuten zu arbeiten. Ich hab jetzt auch ne Montage-Gruppe, da kann ich ein bisschen mitarbeiten und habe auch ein bisschen Beschäftigung. Und ja, das gefällt mir ganz gut.

S. Ewald: Hat die Arbeit hier auch negative Seiten?

Ja, wir haben auch Leute, die mal Anfälle haben, und das ist dann immer nicht so nett, wenn jemand so einen epileptischen Anfall hat. Das habe ich auch zwei, drei Mal erlebt; also beim ersten Mal sind wir richtig erschrocken, weil der dann auch eine Platzwunde gehabt hat. Vier Wochen später hat er dann das gleiche wieder gehabt, auch mit Platzwunde, aber da waren wir dann schon ein bisschen routinierter und dann ist das ganz gut über die Bühne gegangen. Aber das erste Mal epileptischer Anfall, wenn jemand vom Stuhl fällt und schreit und dann bloß noch verkrampft da liegt, dann kriegt man schon einen Schrecken. Das war eigentlich so was Negatives.

S. Ewald: Findest Du, dass die Arbeit hier auch psychisch etwas belastend ist, wenn man mitkriegt wie es den Leuten so geht?

Teils, Teils. Eigentlich in der Regel eher weniger, ich denke wenn man da zu Hause ein besonderes Umfeld hat und seinen Ausgleich hat, dann kann man das eigentlich ganz gut verkraften. Bei mir ist das jetzt vielleicht ja wenn ich zu Hause oder privat Probleme habe und das kommt noch das dazu, dann geht's auch ab und zu mal an die Substanz, aber in der Regel ist es gut zu verkraften. Aber ich habe auch schon im Bekanntenkreis gehört: “Ja, wie kannst du das machen?”, “Wie hältst du das den ganzen Tag aus?”, “Das könnte ich nie machen!”, aber dann habe ich halt auch gesagt: “Du, das sind Menschen; mit denen kann man sprechen, mit einigen zwar schlechter, aber das sind liebenswerte Leute. Zum Teil gibt es auch Gegenteile, aber die meisten, die sind nett und offen”. Klar, je älter man wird, da wird das Nervenkostüm vielleicht ein bisschen schwächer und dann verkraftet man das vielleicht nicht mehr so wie vor 15 Jahren; da ist das noch einfach aber je nachdem, was man für Leute hat, kommt einfach auf die Leute an.

S. Ewald: Und wegen dem Thema Eingliederung und so was wie normale Arbeitszeit ist das in der OWB gut umgesetzt und sinnvoll so?

Sinnvoll auf jeden Fall. Also wenn Leute da sind, die das machen wollen, finde ich das eine ganz tolle Sache. Wir versuchen es umzusetzen, also von mir jetzt zum Beispiel in der Gruppe, da würde es keiner mehr schaffen; zudem sind sie eigentlich auch recht gerne hier. Aber da kommt immer wieder der Wunsch von manchen Leuten, die sind fit und versuchen dann immer wieder, in der freien Wirtschaft Fuß zu fassen. Das wird auch von der OWB unterstützt, aber wir haben jetzt viele Fälle gehabt, die kommen dann doch wieder zurück; die finden sich dann oft nicht so zurecht in der freien Wirtschaft, also das sind dann schon die ganz Fitten, die das schaffen können. Gerade bei uns die Monika*, die war einmal in einem Altersheim und hat da mitgearbeitet: Zimmer herrichten und ein bisschen Pflege machen. Aber die hat wohl auch schon mit Bett machen und so Schwierigkeiten gehabt. Sie hat gemeint, dass hat sie jetzt gut gemacht, aber es kam für sie trotzdem nicht infrage.

S. Ewald: Und für die Behinderten die hier arbeiten; ist das sinnvoll oder nur so ein Anstoß sie zu bezahlen?

Also die besten kriegen 200-300 Euro hier, also dass die Geld kriegen ist natürlich sinnvoll; dass wenn sie was arbeiten auch etwas dafür bekommen. Klar zum Teil müssen sie schon einiges mehr arbeiten; da kann man sich jetzt natürlich streiten, ist das viel oder ist das wenig Geld, aber ich meine, die Leute kriegen einen Pflegesatz dazu und die Gruppenleiter werden bezahlt und klar Essen und so und dann kriegen sie noch Restgeld. Also die OWB ist wohl so in Deutschland eine der führenden, die das dann wieder raus zahlt. In besonderen Einrichtungen, da kriegen sie nicht so viel und hier in der OWB versuchen wir, sagt mal unser Geschäftsleiter, dass sie da am meisten bekommen.

* Namen zum Schutz der Person geändert